Welt-Spina-bifida-und-Hydrozephalus-Tag

Am 25. Oktober war Welt-Spina-bifida-und-Hydrozephalus-Tag. Dieser weltweite Aktionstag soll das Bewusstsein und Verständnis unter anderem für Spina bifida stärken und Präventionsmöglichkeiten aufzeigen. Doch was ist eine Spina bifida eigentlich? „Eine Spina bifida kann in den ersten Schwangerschaftswochen entstehen. Dabei schließt sich beim Embryo das sogenannte Neuralrohr, aus dem sich das Gehirn und Rückenmark entwickelt, unvollständig oder gar nicht“, erklärt Dr. Burkhard Lawrenz, niedergelassener Kinder- und Jugendarzt und Sprecher des Arbeitskreises Folsäure & Gesundheit. „Diese mitunter schweren Fehlbildungen von Gehirn und Rückenmark können dann zu lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Behinderungen führen.“ Noch immer ist rund eine von 1.000 Schwangerschaften in Deutschland von einer Spina Bifida oder einem anderen Neuralrohrdefekt betroffen.1 Es gibt aber eine einfache Möglichkeit, das Risiko für solche Fehlbildungen um mindestens 50 Prozent zu senken: Die rechtzeitige und bedarfsgerechte Folatversorgung.

Schon bei Kinderwunsch an Folsäure denken

Direkt mit der Empfängnis steigt der Bedarf an Folat. Daher ist es wichtig, bereits frühzeitig vor einer Schwangerschaft für ausreichend gefüllte Folatspiegel im Körper zu sorgen. Eine folatreiche Ernährung unter anderem mit viel grünem Blattgemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten sowie der bevorzugten Verwendung von mit Folsäure angereichertem Jodsalz ermöglichen eine gute Ausgangsbasis. „Doch mit Blick auf eine Schwangerschaft reicht die Versorgung über die Ernährung allein nicht aus. Deswegen sollten alle Frauen, die schwanger werden möchten und könnten, zusätzlich mindestens 400 Mikrogramm Folsäure am Tag in Tablettenform einnehmen“, empfiehlt Dr. Lawrenz. „Beginnen sollte die zusätzliche Einnahme von Folsäure mindestes vier Wochen, besser noch drei Monate, vor einer Schwangerschaft. Wer erst kurz vorher oder mit Schwangerschaftsbeginn starten kann, sollte sich von seinem Arzt oder in der Apotheke beraten lassen und 800 Mikrogramm Folsäure am Tag einnehmen“, so der Kinderarzt weiter. Diese einfache Präventionsmaßnahme führt zu einer guten Versorgung mit Folat und senkt das Risiko für Spina bifida und andere angeborene Fehlbildungen deutlich.

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Bei Kinderwunsch und darüber hinaus: Folsäure nicht vergessen

Interview mit Dr. Klaus Doubek, niedergelassener Frauenarzt, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte e. V. und Mitglied im Arbeitskreis Folsäure & Gesundheit, zur Bedeutung der Folsäuresupplementation sowie bedarfsgerechten Versorgung vor und während der Schwangerschaft.

Herr Dr. Doubek, die sogenannte SuSe II‑Studie zeigt abermals den großen Aufklärungsbedarf bei Frauen im gebärfähigen Alter, was die Bedeutung der Folsäuresupplementation vor und während der Schwangerschaft anbelangt.

„Das ist richtig. Die neueste Studie zur Erhebung von Daten zum Stillen und zur Säuglingsernährung in Deutschland, kurz SuSe II, macht den Aufklärungsbedarf erneut deutlich. Es ist zwar erfreulich, dass fast 82 Prozent der 966 befragten Frauen in der Schwangerschaft ein Folsäurepräparat einnahmen, aber weniger als die Hälfte tat dies, wie empfohlen, bereits vor Beginn der Schwangerschaft. Deshalb müssen junge Menschen und besonders Frauen im gebärfähigen Alter nach wie vor möglichst früh von der Bedeutung der rechtzeitigen und ausreichenden Folsäureversorgung für die Schwangerschaft erfahren.“

Warum ist eine frühzeitige Folsäuresupplementation denn so wichtig?

„Sowohl die synthetisch hergestellte Folsäure als auch die natürlich vorkommenden Folatverbindungen gehören zu den Folaten. Das Folat ist ein Vitamin, und zwar das Vitamin B9. In Deutschland nehmen viele Frauen im gebärfähigen Alter nicht genügend Folat auf und haben mit Blick auf eine mögliche Schwangerschaft zu niedrige Folatspeicher im Körper. Erschwerend kommt hinzu, dass der Folatbedarf ab der Empfängnis, also der Befruchtung der Eizelle, erhöht ist. Aus diesem Grund wird allen Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, neben einer folatreichen Ernährung die zusätzliche Einnahme von 400 Mikrogramm Folsäure in Tablettenform empfohlen. Denn meist können nur so die wünschenswerten, präventiv wirksamen Folatspeicher bereits vor einer Schwangerschaft erreicht werden.“

Präventiv wirksame Folatspeicher – was bedeutet das?

„In den ersten Schwangerschaftswochen wissen viele Frauen noch nicht, dass sie schwanger sind. Aber bereits in dieser frühen Phase entsteht das sogenannte Neuralrohr, was sich gegen Ende der vierten Schwangerschaftswoche vollständig schließt und aus dem sich später das zentrale Nervensystem des Kindes entwickelt. Bei diesem Vorgang spielen Folate eine wichtige Rolle, da sie insbesondere an Zellteilungs- und Wachstumsprozessen beteiligt sind. Eine Unterversorgung in den ersten Schwangerschaftswochen kann das Risiko für einen unvollständigen Verschluss des Neuralrohrs, auch Neuralrohrdefekt genannt, und andere angeborene Fehlbildungen erhöhen. In Deutschland ist ungefähr jede tausendste Schwangerschaft von einem Neuralrohrdefekt betroffen. Der ‚offene Rücken‘ oder medizinisch ‚Spina bifida‘ zählt dabei zu den bekanntesten Formen. Eine rechtzeitige und bedarfsgerechte Folatversorgung kann dabei helfen, das Risiko für Neuralrohrdefekte zu senken.“

Wann sollte mit der Supplementierung idealerweise begonnen werden?

„Mindestens vier Wochen vor der Schwangerschaft, besser noch davor. Im Prinzip schon ab dem Zeitpunkt, ab dem ein konkreter Kinderwunsch besteht. Außerdem sollte die Einnahme von Folsäurepräparaten zumindest über das gesamte erste Schwangerschaftsdrittel erfolgen. Wer damit aber erst kurz vor oder bei Schwangerschaftsbeginn starten kann, sollte vorsorglich 800 Mikrogramm Folsäure am Tag einnehmen. Beratung erhalten Frauen und Paare mit Kinderwunsch beispielsweise in der Frauenarztpraxis, in der Apotheke und bei Ernährungsfachkräften.“

Weitere Informationen rund um das Thema Folsäure finden Sie unter: https://www.ak-folsaeure.de/

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Zur Person:
Dr. med. Klaus Doubek ist niedergelassener Frauenarzt, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. (BVF) und seit 2015 Mitglied des Arbeitskreises Folsäure & Gesundheit. In seiner frauenärztlichen Tagesroutine gibt es immer wieder Beratungs- und Untersuchungsanlässe, bei denen der prophylaktische Ansatz der frühzeitigen Folsäuresupplementation fest dazu gehört. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis Folsäure & Gesundheit verfolgt Herr Dr. Doubek das Ziel, durch Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit der Bevölkerung die Bedeutung der Folsäureprophylaxe näher zu bringen und die Akzeptanz für rechtzeitige und effektive Vorsorgemaßnahmen – insbesondere bei jungen Menschen mit Kinderwunsch – zu steigern.